Alles hat seine Zeit

Autor:innen


Valerie Ebert-Schewe, Susanne Haeßler
(Baden-Württemberg)
CC BY
ptz Stuttgart

Qualitätsmerkmale:

✅️ Freiwilligkeit

Die Handlungsanregungen sind sprachlich eindeutig als freiwillig gekennzeichnet.

  Haltung

Der Einsatz des Materials fördert eine Haltung der Wertschätzung und des Respekts gegenüber anderen Menschen und der Welt.

  Ermutigung

Es wird erkennbar eine angstfreie Begegnungs- und Lernsituation angestrebt.

✅️ Anregen zum Fragen

Durch den Einsatz des Materials und die beschriebenen Aktivitäten werden Gelegenheiten und Freiräume eröffnet, (religiöse) Fragen zu formulieren und individuelle sowie geteilte Antwortversuche zu erproben.

  Stärkung

Der Einsatz des Materials fördert eine individuelle Stärkung der Kinder.

✅️ Selbstbildung

Die im Material beschriebenen Aktivitäten und Prozesse fördern das aktive Lernen bzw. eine aktive (Selbst-)Bildung.

  Vielfaltsbewusstsein

Der Einsatz des Materials fördert den Umgang mit unterschiedlichen Wertesystemen, Weltanschauungen oder Familienreligionen.

✅️ Religiöse und kulturelle Orientierung

Der Einsatz des Materials fördert eine Orientierung in der christlichen (Symbole, Zeiten, Feste, Lebenssituationen) Prägung der Kultur.

  Regionaler Bezug

In den Ausführungen wird ein Bezug zum (regionalen) Orientierungsplan/Bildungsplan hergestellt.

✅️ OER

Das Material erfüllt OER-Standards.

Kurzbeschreibung

Ein Kitaprojekt zu Prediger 3,1-8 (“Ein jegliches hat seine Zeit, und alles Vorhaben unter dem Himmel hat seine Stunde…”)

Aktion

Das Projekt (Hinführung, Spielszene, Übung, Aktionen und Gebete) lässt sich als religionspädagogisches Angebot im Morgenkreis durchführen, wobei die Aktionen zu den Gegensatzpaaren des Bibeltextes über mehrere Tage verteilt werden können.
Ebenso ist es möglich, das Projekt im Rahmen eines Kita-Festes anzubieten oder als Familiengottesdienst zu gestalten.
Das Material wurde in Vorbereitung auf den Deutschen Evangelischen Kirchentag 2023 in Nürnberg erarbeitet von

Valerie Ebert-Schewe, Pfarrerin und Referentin für Publikationsarbeit, Offene Gottesdienstformen, Aus- und Fortbildung für Ehrenamtliche in der Verkündigung, Gottesdienstinstitut der Ev.-Luth. Kirche in Bayern, Nürnberg

Susanne Haeßler, Referentin für Gottesdienste mit Kindern und Pfarrerin für Kindergottesdienst, Amt für Gemeindedienst der Ev.-Luth. Kirche in Bayern, Nürnberg

Wir danken beiden Autorinnen für die Erlaubnis, das Material weiterverwenden zu dürfen!

Das Originalmaterial findet sich hier: Download.pdf

Vorgehensweise

Religionspäd. Überlegungen

Grundlage des Projekts sind die Verse aus Prediger 3,1-8:

1 Ein jegliches hat seine Zeit, und alles Vorhaben unter dem Himmel hat seine Stunde: 2 Geboren werden hat seine Zeit, sterben hat seine Zeit; pflanzen hat seine Zeit, ausreißen, was gepflanzt ist, hat seine Zeit; 3 töten hat seine Zeit, heilen hat seine Zeit; abbrechen hat seine Zeit, bauen hat seine Zeit; 4 weinen hat seine Zeit, lachen hat seine Zeit; klagen hat seine Zeit, tanzen hat seine Zeit; 5 Steine wegwerfen hat seine Zeit, Steine sammeln hat seine Zeit; herzen hat seine Zeit, aufhören zu herzen hat seine Zeit; 6 suchen hat seine Zeit, verlieren hat seine Zeit; behalten hat seine Zeit, wegwerfen hat seine Zeit; 7 zerreißen hat seine Zeit, zunähen hat seine Zeit; schweigen hat seine Zeit, reden hat seine Zeit; 8 lieben hat seine Zeit, hassen hat seine Zeit; Streit hat seine Zeit, Friede hat seine Zeit. (Lutherübersetzung 2017)

Das Buch Prediger ist vor etwa 2.300 Jahren entstanden und enthält Weisheitslehren über das Leben und die Beziehung zu Gott. Als Verfasser wird König Salomo angenommen, der auf philosophische Weise dem Leben mit seinen guten, aber auch schweren Zeiten und allgemein dem Sinn des Lebens auf den Grund gehen möchte. Beide Seiten des Lebens gehören dazu und Gottes Handeln ist für uns Menschen nicht begreifbar. Dies kann durch diesen Bibeltext bewusst gemacht werden und gleichzeitig kann der Text als Trost und Zuspruch in schwierigen Zeiten verstanden werden.

Pädagogische Vorüberlegungen

Wofür ist jetzt der richtige Moment? Was ist (für mich) jetzt gerade dran? Diese Frage stellt sich in vielen kleinen Alltagssituationen und genauso an Wendepunkten des Lebens. Erwachsene können über diese Frage ins Grübeln kommen. Kinder wissen oft intuitiv, was für sie jetzt das Richtige ist, wenn wir sie lassen. Die Verse aus Prediger 3 beschreiben einen Rhythmus des Lebens, in dem alles eine bestimmte Stunde hat (gemeint ist eine jeweils eigene, stimmige „Zeitdauer“) und es für jedes Vorhaben einen passenden Moment (einen „Kairos“) gibt. Dieses weisheitliche Denken stellt unseren Lebenstakt in Frage, in dem wir mit dem Terminkalender im Handy oder auf Papier unsere Tage und damit unser Leben planen und genau festlegen, wofür wann und wie lange Zeit sein soll. Auch viele Kinder leben so getaktet mit einem Wochenplan, in dem wenig Luft für Nichtstun oder die schöpferische Kraft der Langeweile bleibt. Wenn wir sie lassen, dann sind jedoch gerade kleine Kinder in ihrem Zeiterleben dem Rhythmus des Textes viel näher als wir Erwachsenen: Sie leben ganz im Augenblick, können in einer Tätigkeit, im Spiel versinken, sind ganz da in Freude oder Wut, im Lachen oder Weinen und können in ihrem Tun die Zeit vergessen.

Wenn wir auf den Prediger hören, dann besteht Lebenskunst darin, den Einklang mit diesem Rhythmus des Lebens zu suchen, den er beschreibt. Wie lange ein Samen braucht, um zu keimen und zu treiben, wie lange Trauer andauert und wie lange Freude hält, das kann ich nicht durch genaue Planung festlegen. Und immer wieder machen wir die Erfahrung, dass manche Vorhaben unendlich mühsam sein können oder sogar misslingen, wenn wir sie zur „Unzeit“ angehen und dass es dagegen Momente gibt, wo es einfach „flutscht“.

Was ist jetzt gerade dran? Um dem auf die Spur zu kommen, braucht es Zeit, die inneren Antennen auszufahren. Dieses Angebot eröffnet dafür Räume im Erleben, Nachdenken und Ausprobieren.

Dabei greift der Entwurf die Gegensatzpaare auf, mit denen der Prediger beschreibt, was unser Leben ausmacht und ein Bild von der Fülle des Lebens malt in Licht und Schatten. Gerade in dieser Spannung von hell und dunkel steckt die Kraft dieser Worte. Heilsam, wie auch die dunklen Seiten des Lebens benannt werden. Kann das ein Gegenpol sein gegen die Haltung, alles immer positiv sehen und deuten zu sollen / müssen? Irritieren können allerdings die negativen Begriffe „töten, hassen, Krieg“. Wenn auch das „seine Zeit“ hat, ist es dadurch dann gerechtfertigt? Wir deuten dieses klare Benennen der dunklen Seiten so: Es zeigt den realistischen und ungeschminkten Blick des weisheitlichen Autors auf das Leben mit seinen Abgründen. Zugleich steckt darin eine Hoffnung: auch Krieg, Hass und Gewalt haben (nur) eine begrenzte Zeit.

Für die Aktionen wurde eine Auswahl aus den Gegensatzpaaren getroffen und auf das Gegensatzpaar „töten“ und „heilen“ bewusst verzichtet.

Schreibe einen Kommentar